--- GEBURTSTAGE HEUTE: BenZ (32) | Preziosa (37) | Funeral (37) | --- GEBURTSTAGE DEMNÄCHST: Black Angel (36) | Hija Muerte (36) | ace (33) | herbstdrache (36) | drako90 (42) | Moondragon (54) | MooN (42) | Mira (36) | (33) | Dragonmagic (49) | Ama-Zonita (42) | Dethdragon (37) | Mordek Stillstreich (37) |
TheDragonworld Drachenburg Board
24.April.2024, 03:34:35 *
Willkommen Gast. Bitte einloggen oder registrieren.

Einloggen mit Benutzername, Passwort und Sitzungslänge
 
  Übersicht Hilfe Suche JAVA CHATZUGANG Mitglieder Einloggen Registrieren  
  Beiträge anzeigen
Seiten: 1 [2] 3 4 ... 62
21  Atelier der Bewohner / Geschichten und mehr / Re: Einer neuen Zukunft entgegen (1) - Nordsee (als Buch) am: 27.Mai.2018, 15:40:45
Kapitel 6 – Wattwanderung

Der Sonntag kam und mit ihm die Wattwanderung, von der ich den Jungs erzählt hatte. Ich gesellte mich zu der Watt-Wandergruppe und begrüßte auch einige dabei, die mit mir zusammen im selben Haus kurten.
Wir wurden noch einmal auf die Risiken und Gefahren hingewiesen, die es im Watt gab, und kontrollierten den festen Sitz unserer Stiefel. Erst nachdem alle soweit angezogen waren, gingen wir los.

Unterwegs lachten und scherzten wir immer wieder miteinander. Und besonders dann, wenn wieder eine von uns im weichen Schlick besonders tief eingesunken war und mit dem Fuß, selbst ohne Stiefel, fast nicht mehr heraus kam.
Das Wetter war herrlich mild und sonnig an diesem Tag. Im Gegensatz zu den anderen Tagen, an denen der Wind ständig stark geweht hatte. Allerdings brachte der Wetterbericht unbeständig und wieder kälter.

Dem jungen Nationalpark-Ranger, Olf Tidken, hörten wir aufmerksam zu, wenn er uns etwas über das Watt und die Nordsee erzählte oder zeigte. „Wir laufen hier im Watt direkt auf dem Meeresboden. Durch den Wechsel der Gezeiten von Ebbe und Flut ist es uns möglich, dieses Naturschauspiel fast hautnah zu bewundern und zu spüren.“
Eigens für eine Demonstration hatte Herr Tidken extra einen Spaten mitgebracht. Damit konnte er ein Stück des Meeresbodens ausheben und die Lebewesen darin besser zeigen. Wir beobachteten die Wattwürmer, wie sie sich ihren Weg durch den Schlamm nach oben wühlten. „Würden die Würmer im Wattboden bleiben, würden sie qualvoll ertrinken, sobald die gegrabenen Gänge mit Wasser voll laufen.“

Zwischendurch untersuchten wir Muscheln und Krabben, die es nicht zurück ins tiefe Meer oder zwischen den Schlick geschafft hatten. Als weiteres Highlight im Watt zeigte uns unser Wattführer die Flohkrebse:
„Manchmal werden sie auch springende Regenwürmer des Wattenmeeres genannt. Sie sind etwa 1 cm groß und können aber bis zu 30 cm weit springen. Wie ein Regenwurm durchwühlen sie den Meeresboden und lockern ihn dabei auf.“

Ebenso war es interessant zu sehen, wie tief die Rinnen im Watt waren, wo später das Wasser wieder zurück kommen würde, wenn die Flut einsetzte. „Diese Rinnen, die sich durch das Watt ziehen, nennt man Priele,“ erklärte Herr Tidken lehrreich.
„Und an verschiedenen Stellen im Watt gibt es hohe Eisentürme für jene, die den Weg zurück an Land nicht mehr rechtzeitig schaffen konnten. Dort sind am oberen Ende der Stange kleine Eisenplattformen angebracht worden, auf denen man die nächste Ebbe abwarten kann. Oder von wo man auf Hilfe mit einem Boot hoffen kann.“

Gegen Ende der Führung mahnte uns Tidken zur Eile. Mit einem kaum wahrnehmbaren, besorgten Blick zum Himmel zählte er uns noch einmal auf, wie wir uns verhalten mussten, sollte uns einmal die Flut überraschen. „Halten sie sich immer quer zu den Prielen und überqueren sie diese so schnell wie möglich, wenn sie merken, dass sie sich in der Zeit vertan haben. Die Priele laufen bei Flut als erstes voll und müssen unter allen Umständen überwunden werden!
Die Gezeitentabellen hängen an vielen öffentlichen Stellen aus, wie zum Beispiel der Gemeindeverwaltung, dem Verkehrsverein oder der Kurverwaltung. Und in mancher Klinik findet man diese Tabellen ebenfalls am Informationsbrett hängen.“

Weil einige von uns auch kleinere Kinder dabei hatten, waren wir nicht besonders schnell und fielen immer wieder von der Hauptgruppe zurück, welche einen anderen erfahrenen und ortskundigen Naturliebhaber in der Gruppe gefunden hatte.
Da Olf Tidken sehr gut auf die Kinder eingehen konnte und merkte, dass es den anderen Erwachsenen zu langsam ging, hatte er nach kurzem Überlegen dem Ortskundigen bereitwillig sein o.k. zum schnelleren Vorankommen gegeben. Von der restlichen Gruppe vor uns sahen wir schon bald nichts mehr, nicht einmal mehr ihre Fußspuren im nassen Schlick.
Aus einem undefinierbaren Gefühl heraus, blieb ich vorsorglich bei der Kindergruppe. 'Ein Erwachsener mehr kann sicherlich nicht schaden,' dachte ich. Und sollte ich gebraucht werden, aus welchem Grund auch immer, war ich vermutlich die einzige Rettungsschwimmerin in der Gruppe.

Zu allem Überfluss war nun auch noch ganz plötzlich Nebel aufgekommen. Obwohl der junge Ranger versuchte, sich seine Stimmung nicht anmerken zu lassen, hörte ich aus seiner Stimme deutlich, wie er versuchte die hereinbrechende Panik zu unterdrücken und sah den kalten Schweiß auf seiner Stirn. „Folgen sie mir bitte, wir sind schon ganz nah an der Küste. Ein paar Minuten noch, und wir haben es bald geschafft,“ meinte er mit vorgetäuschter Zuversicht in seiner Stimme.
Tidken wollte sich selber wohl mehr Mut zusprechen als uns fünf Erwachsenen und den sieben Kindern, die wir die extreme Gefahr nicht wirklich einschätzen konnten, in der wir längst schwebten ohne es zu ahnen.
Fast etwas zu hektisch nahm der junge Mann seinen Kompass zur Hand und stiefelte uns zielstrebig immer ein paar Meter voraus. Wobei er sich alle paar Augenblicke zu uns umdrehte, um sich zu vergewissern, dass wir ihm durch den ungewöhnlich dichten Nebel folgen konnten.

Schneller als normal füllten sich die Priele vor uns. Das Schmatzen unserer Stiefel bei jedem Schritt wurde ebenfalls immer satter. Immer schneller trugen uns unsere Füße voran. Wir waren scheinbar schon Stunden unterwegs. Der Nebel wollte und wollte nicht weichen. Und das Ufer schien auch nicht näher kommen zu wollen.
Doch bald mussten wir feststellen, dass die Kleinen unser Tempo nicht länger halten konnten. Da jeder einzelne Schritt für uns in der zähen Masse fast erkämpft werden musste, machte es auch wenig Sinn, die kleineren Kinder Huckepack zu tragen.
Die besorgten und erschöpften Mütter begannen auf den armen Parkranger einzureden und ihn zu bearbeiten etwas gegen die Flut zu unternehmen. Als ob er die Macht hätte, das Wasser zurück zu halten. Und die unbarmherzige Flut schien immer schneller zu kommen. Oder aber es gab heute eine außergewöhnliche Springflut.
Inzwischen umspülte das Wasser bereits ständig unsere Stiefel. Es begann zu allem Unglück nun auch schon zu dämmern, früher als gewöhnlich, da der dichte Nebel das Sonnenlicht zusätzlich dämpfte. Außerdem wurde die Luft um uns herum immer kälter.

Den meisten von uns war inzwischen klar, dass wir es nie rechtzeitig ans Ufer zurück schaffen würden. Einige blieben deshalb in ängstlicher Panik plötzlich wie angewurzelt stehen und waren zu keinem weiteren Schritt mehr zu bewegen.
Dabei sanken sie immer weiter ein und hatten dann Mühe sich wieder zu befreien. Die Kinder, die sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien konnten, schrien hysterisch und waren schnell nass bis auf die Haut.
Jeder Befreiungsversuch der tief Eingesunkenen endete damit, dass sie das Gleichgewicht verloren und der Länge nach in den mit Wasser bedeckten Schlick fielen. Sogar die Mütter reagierten genauso ängstlich, alles vergessend was sie heute gelernt hatten, und sanken bei ihren helfenden Versuchen noch tiefer ein.
Auch Tidken konnte nicht überall gleichzeitig sein. Der Wattführer bedauerte es bereits schon mehrmals, dass keine dieser lebensrettenden, eisernen Plattformen im Watt in greifbarer Nähe war. Er war doch so sehr auf die Sicherheit der Gruppe bedacht gewesen. Und diesen extremen Wetterumschwung oder die seltsame Springflut hatte auch keiner vorhersehen können.

Ich überlegte fieberhaft, wie ich sinnvoll helfen konnte. Dabei hatte ich bereits eins der älteren Kinder an meiner Hand und bewegte mich mit ihm ständig im Kreis, um ja nicht einzusinken. Mir selbst ging es einigermaßen gut.
Und eigene Kinder hatte ich selber keine. - Irgendwo her würde schon Hilfe kommen, da war ich ganz zuversichtlich. Mir fiel mein Handy ein. Rasch holte ich es hervor und musste bedauernd feststellen ... kein Netz ...
Olf, der das gesehen hatte, schüttelte traurig mit dem Kopf. „An diese Möglichkeit hatte ich auch schon gedacht. Nur leider funktioniert es nicht überall.“ Jetzt war auch ich ratlos. Für einen Moment dachte ich im Stillen an meine neuen Freunde. ‚Denen würde jetzt bestimmt etwas einfallen.’

*****
22  Atelier der Bewohner / Geschichten und mehr / Re: Einer neuen Zukunft entgegen (1) - Nordsee (als Buch) am: 26.Mai.2018, 23:41:48
Kapitel 5 – Ein Badeunfall?

Es war Freitagnachmittag, und ich hatte wieder einmal mein Notebook auf einer Bank am Strand ausgepackt. Die Situation bei der Massage, als ich meinte Flügel gespürt zu haben, beschäftigte mich mehr als ich mir selber eingestehen wollte.
Im gemeinsamen Chat fand ich heute allerdings nur Phönix. „Eagle hast du ganz knapp verpasst, Steffi. Und Argus ist auch noch unterwegs. Wie geht es Dir? Du bist heute früher dran als sonst.“ Irgendwie klang sogar die Schreibweise von Phönix besorgt.
„Ich brauchte gerade etwas Freiraum, daher habe ich die freiwillige Freitagnachmittagsveranstaltung kurzerhand sausen lassen... ich glaube, ich habe anfangs der Woche etwas sehr dummes angestellt...“
„Wenn Du darüber reden willst, ich hab immer ein offenes Ohr für Dich, Steffi.“ „Ich weiß nicht, ob Du mir da helfen kannst, Phönix. Ich kann es noch nicht einmal selber verstehen.“ „Jetzt beruhige Dich erst einmal. Und dann erzähl der Reihe nach. Ich verspreche Dir nicht zu lachen. Wenn Du meine Geschichte hören würdest, würdest Du auch denken, ich sei verrückt, glaub mir.“

So ermutigt begann ich mein Erlebnis bei der Massage zu erzählen. Ich brauchte jemand, dem ich dies alles anvertrauen konnte. Und bei Phönix sagte mir mein Gefühl, dass er mich verstehen würde. Dass ich dabei im Gruppenchat schrieb, war mir in meiner Verwirrung gar nicht aufgefallen, und Phönix hatte seine Gründe, warum er mich nicht in einen Einzelchat bat.
Phönix schrieb immer wieder nur kurze Sätze, wie als aktiver Zuhörer. Dies ermutigte mich, ihm alles offen zu schildern. Auch, dass es mir inzwischen leid tat, dass ich Jens Unrecht getan hatte.
Ich war in Gedanken wieder da, wo ich den Hörer einfach aufgelegt hatte. Einzelne Tränen liefen mir über das Gesicht. Hoch oben in der Luft zog ein Adler seine Bahn. Mir war für einen Moment, als würde er nach etwas bestimmtem Ausschau halten. Phönix schrieb mir ein paar tröstende Worte. Es war genau das, was ich jetzt gerade brauchte. Gerade so als ob er mich direkt sehen könnte.

Träumend sah ich auf die Nordsee, die mit gierigen Wellen die rauschende Flut zurück brachte. Die Sonne war hinter dicken, regenschwangeren Wolken verschwunden und der Herbstwind frischte langsam auf.
Wenn doch manchmal alles so einfach wäre wie die Fantasie.

Ein paar Meter entfernt im Wasser, fuchtelte jemand wild gestikulierend um sich und versuchte gegen den Wind und die Wellen laut rufend auf sich aufmerksam zu machen. Es war ein Mann, und er war halb gebückt. 'Wusste er denn nicht wie gefährlich die Strömung bei Flut war?' Im selben Moment jedoch drang sein Hilferuf bis zu mir durch, und ich nahm erschrocken wahr, dass er zudem noch bekleidet war.
Er schwebte in akuter Lebensgefahr und brauchte dringend Hilfe. Selber Hilfe suchend blickte ich mich um. Aber außer ein paar Teenies und einer jungen Familie weiter weg, befand sich niemand in Sicht- oder Rufweite.
Ich griff zu meinem Handy und wählte sofort den Notruf an. In den Chat mit Phönix schrieb ich ein eiliges „sry, muss dringend afk“. Ich klappte dann eilig mein Notebook zu und steckte es in meinen Rucksack, den ich sorgsam verschloss.
Gleichzeitig winkte ich die Teenies zu mir her, wovon sich zwei Mädchen kurz zögernd, jedoch bereitwillig aus der Gruppe lösten und auf mich zukamen.

Ich hatte Glück, dass es hier überhaupt ein Funknetz gab. Während ich auf einen freien Platz bei der Notrufzentrale wartete, deutete ich alarmierend zu dem hilflosen Mann im stetig steigenden Wasser. Die Mädchen sahen mich nur ratlos an.
In dem Moment meldete sich jedoch der Notruf, und ich erklärte die Situation so, dass sowohl die Dame beim Notruf, wie auch die beiden Teenies sofort verstanden, was ich jeweils wollte: „Hallo? Mein Name ist Steffi Reimor. Ich stehe hier am Strand, kann allerdings den Ort nicht genau benennen. Irgendwo um Friedrichskoog sind wir. Aber ich habe hier zwei nette Teenager, die vielleicht gleich mehr dazu sagen können.
Im Wasser braucht ein Mann dringend Hilfe. Seit etwa fünf Minuten hat er sich nicht mehr von der Stelle bewegt und fuchtelt wild mit den Armen. Die Flut steigt heute extrem schnell. Ich bin in meinem Heimatort ausgebildete Rettungsschwimmerin. Mein Handy gebe ich jetzt den beiden Mädchen neben mir für weitere Fragen.“

Noch bevor die nette Dame beim Notruf auf meine Ansage reagieren konnte, hatte ich mein Handy bereits den Mädchen übergeben. Die Beiden hatten aufmerksam zugehört und immer wieder hilfsbereit genickt. Sie wussten um die Gefahr von Ebbe und Flut, aber keine von beiden war kräftig genug, oder so durchtrainiert wie ich.
„Hier gebe ich euch mein Handy zu treuen Händen. Und weil ich weiß, dass ich mich auf euch beide verlassen kann, sind hier auch mein Rucksack und meine Kleider um darauf aufzupassen. Würdet ihr das bitte für mich tun?“
Eine Antwort wartete ich auch hier gar nicht erst ab, weil ich es sehr eilig hatte dem Mann zu helfen. Aus meiner Trainererfahrung heraus wusste ich, wenn jemand bereits schon zwei- oder dreimal Ja gesagt hatte, dann fiel ihm ein Nein bedeutend schwerer.

Unter meinen Kleidern hatte ich bereits meinen Bikini an, denn eigentlich hatte ich heute Mittag noch etwas im Klinik eigenen Schwimmbad schwimmen gehen wollen. Meine Schuhe und Strümpfe ließ ich ebenfalls zurück. Dafür holte ich mir geistesgegenwärtig eine aufblasbare Schwimm- oder Wassernudel aus meinem Rucksack und blies sie auf dem Weg zum Wasser eilig auf.
Dieses Hilfs- und Rettungsmittel war immer noch besser als gar keines. Mit gleichmäßigen Schwimmbewegungen kam ich gut vorwärts, wobei ich mit einer Hand die lange Wassernudel hinter mir herzog. Bei jeder Welle tauchte ich ab und nützte so die Gegenströmung zur Flut unter Wasser um vorwärts zu kommen. Der Mann wartete scheinbar gefasst, aber ich konnte dennoch bereits die flackernde Panik in seinen Augen erkennen.

Die Flut stieg scheinbar immer schneller. Noch ein paar Meter, dann war ich bei ihm. „Hilfe ist bereits unterwegs. Mein Name ist Steffi. Und wie heißen Sie?“ Ich versuchte eine Vertrauensbasis zu schaffen, damit sich der Mann in der Flut nicht so verloren vorkam und neue Hoffnung schöpfen konnte.
Gleichzeitig legte ich ihm die Schwimmnudel um die Brust, die er dankbar und eisern wie ein Rettungsring festhielt. Sie gab ihm etwas sicheren Halt zurück. „Heiner. Ich heiße Heiner Maasgold.“ Er deutete schmerzverzerrt nach unten: „Mein Fuß ist zwischen den Steinen eingeklemmt. Ich wollte doch nur meine beiden Kinder vom Watt zurück auf den Deich holen. Dabei bin ich beim Zurücklaufen abgerutscht und zwischen den nassen Steinen hängen geblieben. Und jetzt komme nicht mehr allein da raus!“
Die letzten Worte rief er schon in Panik. Ich hielt ihn beruhigend fest: „Ich werde jetzt nach unten tauchen und versuchen Sie zu befreien. Die Rettungskräfte sind verständigt und bereits unterwegs. Halten Sie solange durch?!“
Es war mehr eine rhetorische Frage, aber der Mann war dadurch ruhiger geworden und nickte gefasst. Er war ja so froh, dass ihm endlich geholfen wurde, wenn er auch noch nicht wusste, wie ich ihm ohne professionelle Ausrüstung helfen konnte.

Während ich nach unten tauchte um nach seinem eingeklemmten Fuß zu sehen, hatte ich mich zuvor so vor ihn gestellt, dass mich die Flut nicht wegreißen konnte. Zwischen den Felsen zu laufen war bei Ebbe schon sehr gefährlich, aber fast barfuß und bei einsetzender Flut, das grenzte schon an bodenlosem Leichtsinn.
Seine Ferse hatte sich in dem Spalt so verklemmt, dass der Mann den Fuß weder vor noch zurück bewegen konnte. Durch die Verletzung war der Fuß zudem bereits dick geschwollen, trotz des kalten Wassers.
Ich prüfte den Untergrund und welche Steine sich bewegen ließen. Und ich hatte sogar Glück dabei. Zwei Steine waren so verkeilt, dass sich der Fuß aus seiner Falle löste, sowie die Steine miteinander nachgegeben hatten. Rasch tauchte ich wieder auf zu dem Unfallopfer. Auch mein Luftvorrat war schließlich nur begrenzt.

Aus seiner Zwangslage befreit, fiel der Mann sogleich in eine erlösende Bewusstlosigkeit als er sich etwas entspannte. Die Wassernudel hielt ihn über Wasser und schaukelte ihn in der Flut heftig hin und her. Eilig griff ich nach ihm und zog ihn hinter mir her in Richtung Strand, wo ich inzwischen ein paar Rettungskräfte ausmachen konnte.
Nun nützte ich erneut jede Flutwelle schwimmend aus, und ließ uns zusätzlich oben auf den Wellen zum Ufer treiben. Die letzten Meter packten die Sanitäter kräftig mit an und zerrten uns gemeinsam an den Strand zurück.

Obwohl der Nachmittag herbstlich sonnig begonnen hatte, zog mittlerweile eine Kaltwetterfront auf. In meinen nassen Sachen wurde es durch den zunehmenden Wind empfindlich kalt und ließ mich heftig frösteln.
Einer der Retter wickelte mich sofort in zwei warme Decken ein. Der gerettete Mann, Heiner Maasgold, wurde von einem anderen Sanitäterteam ebenfalls sofort in Wärme gepackt und ärztlich versorgt.
„Warum sind eigentlich gleich zwei Rettungseinheiten anwesend?“ fragte ich überrascht. Der junge Sanitäter erklärte hilfsbereit meine Anfrage: „Ihr Notruf kam ein paar Minuten nach einem ersten Notruf herein. Da die andere Person den Unfallort nicht genau benennen konnte, schickte man das Team auf Verdacht los. Wir wussten bis dahin ja nicht, ob es sich um einen oder gar um zwei Badeunfälle handelte.
Unterwegs haben sie dann mehr zufällig die Familie dieses Mannes auf gegabelt, die das Rettungsteam ab dann sicher lotsen konnten. Ihr Notruf war durch die vielen Angaben, das GPS, und weil die Verbindung bestehen blieb, viel präziser.
Aber im Normalfall hätte Ihnen niemand diese Rettungsaktion erlaubt,“ rügte er mich vorwurfsvoll. „Wobei wir beim Zusehen zugeben mussten, wie umsichtig sie waren, und dass der Familienvater womöglich nicht überlebt hätte, wenn Sie nicht die Eigeninitiative ergriffen hätten. Danke nochmal, auch von unserer Seite.“

In der Zwischenzeit waren auch die Mädchen mit all meinen Sachen zum zweiten Rettungswagen gekommen. Ich fragte vor Kälte zitternd: „Ist es möglich, dass ich mich im Wagen rasch umziehen kann?“
Der Sanitäter nickte, half mir in den Wagen und machte hinter sich zu. Verwegen erklärte er: „Jetzt, wo Sie schon einmal hier drin sind, würde ich auch gerne einen schnellen Blick auf ihre Gesundheit werfen, Frau...“ „Reimor, Steffi Reimor ist mein Name,“ erklärte ich zuvorkommend.
Mir war das etwas unangenehm. „Eigentlich sollte ich längst wieder zurück in der Klinik sein,“ erwiderte ich ausweichend. Der Rettungssanitäter hielt kurz inne, prüfte dann trotzdem Puls und Blutdruck bei mir und notierte sich die Klinik, in der ich mich zur Zeit aufhielt, nachdem ich oberflächlich mitgeteilt hatte, weswegen ich Erholung brauchte.
„Dann erholen Sie sich noch gut, Frau Reimor,“ verabschiedete er sich. „Wenn noch etwas sein sollte, fragen Sie auf der Rettungsleitstelle einfach nach Malte. Malte, dem Fisch.“

Neugierig setzte ich nach: „Malte, der Fisch? Sind Sie das? Und warum ausgerechnet Fisch?“ Malte entgegnete lachend: „Weil ich sonst derjenige bin, der die Leute aus der Nordsee fischt. Dass Sie sich spontan in die kalte Flut gestürzt haben, verdient meine ganze Hochachtung.“ Ich wollte erneut abwinken, sah jedoch ein, dass ich dadurch nichts erreichen würde, und schmunzelte deshalb nur.

Als ich die Tür des Rettungswagens aufmachen wollte, erkannte ich gerade noch rechtzeitig, dass sich inzwischen auch die örtliche Presse wissbegierig eingefunden hatte. Schnell schloss ich die Tür wieder und blickte Malte einschmeichelnd an: „Hab ich noch etwas gut bei Ihnen, Malte, weil ich für Sie ins Wasser geeilt bin?“
Der junge Mann blickte mich fragend an, daher klärte ich die Lage auf: „Draußen habe ich die Reporter mit ihren Kameras gesehen. Mit meiner Erholung wäre es natürlich vorbei, sowie die Bilder von mir ihre Runde machen würden.“ Malte griff meinen Gedanken sofort auf und ergänzte: „Ich verstehe. Wir brauchen jemanden als Retter, und Sie brauchen ein Versteck. Oder noch besser, ein Transportmittel zurück zur Klinik, stimmt's?“ Ich nickte bestätigend: „Das wäre super, wenn Sie das für mich hinbekommen würden.“

Malte schien mich zu verstehen und organisierte sogleich den Knüller für die Presse. Die beiden hilfsbereiten Mädchen konnte er sofort als zusätzliche Heldinnen gewinnen, womit die Presse zufrieden war. Anschließend informierte er den Fahrer des Rettungswagens über die Adresse der Klinik.
Auf der Fahrt dorthin unterhielten wir uns noch etwas über die Klinik, die Gegend und die Leute. Obwohl die Gegend hier ziemlich abgeschieden war, begegnete ich fast überall nur herzlichen und aufgeschlossenen Einheimischen. Das einzige, das ich hier wirklich vermisste, das waren die Berge aus Süddeutschland. Der Blick über das Land wollte gar nicht enden, weil kein größerer Hügel die Sicht versperrte.

Nachdem wir bei der Klinik angekommen waren, bedauerten wir beide, dass die Fahrt so rasch zu Ende gegangen war. Malte fragte hoffnungsvoll: „Werden wir uns wiedersehen? Vielleicht einmal bei einer Tasse Tee oder bei einem Einkaufsbummel?“
Der hoffnungsvollen Frage konnte ich entnehmen, dass es Malte ernst meinte. Er schien mich zu mögen. Mir selber ging dies allerdings viel zu schnell. Ich wollte das lieber dem Zufall überlassen. Ich brauchte noch meinen Abstand und Freiraum.
„Wer weiß das schon. Wenn das Schicksal es will, dann werden wir uns wiedersehen,“ orakelte ich ohne zu wissen, was ich damit eigentlich andeuten wollte.

*****
23  Atelier der Bewohner / Geschichten und mehr / Re: Einer neuen Zukunft entgegen (1) - Nordsee (als Buch) am: 26.Mai.2018, 23:35:26
Kapitel 4 – Argus und seine Freunde

Wenig später ging ich bei dem schönen, sonnigen Herbstwetter ins Freie und suchte mir ein ruhiges Plätzchen am Strand, ein Stück entfernt von der Klinik. Dann packte ich mein Notebook vorsichtig aus meinem Rucksack aus. Ich achtete darauf, dass es keinen Sand ab bekam und stellte eine Verbindung ins Internet her.

Jetzt, nachdem ich meinen Ärger und Frust weggelaufen hatte, sah für mich alles plötzlich nicht mehr so fürchterlich düster aus. Realistisch betrachtet hatte Herr Mattens am Telefon über alles mögliche reden können. 'Was, wenn es gar nicht mich betroffen hatte?
Hatte ich ihm am Ende Unrecht getan? Seine Stimme am Telefon hatte so besorgt und zugleich fürsorglich geklungen. Und... er hatte etwas tief in mir persönlich berührt. Aber jetzt war es bestimmt zu spät für eine direkte Entschuldigung. Was würde geschehen, wenn ich ihm wieder begegnen würde?'

Ich wollte mehr über das wissen, was mir während der Massage passiert war. Aufmerksam las ich die Seiten im Internet durch, wo ich mich bereits angemeldet hatte. Beitrag für Beitrag. Vieles machte mich noch neugieriger, aber auf mein eigenes Problem hatte ich noch immer keine Antwort gefunden.
In meiner kargen Chatliste war auch niemand online, den ich vertrauensvoll hätte fragen können. Also beschloss ich, einen auf meine Situation zugeschnittenen Beitrag in einem der Foren zu schreiben und mein Problem so genau und offen wie möglich zu schildern, ohne jedoch Namen oder Orte zu nennen.

Kaum hatte ich meinen Beitrag frei gegeben, bekam ich auch sogleich Antwort. Jemand mit dem Namen „Argus“ hatte alles gelesen und versuchte mir hilfreiche Tipps zu geben. Doch er meinte gleich, um besser helfen zu können, sollte ich mein Problem genauer umschreiben. „Wenn Du willst, Albino, kannst Du mich auch direkt und schneller über einen Chat kontaktieren,“ antwortete er mir noch zusätzlich als private Nachricht.

Er erschien mir auf den ersten Eindruck hin ehrlich genug, so dass ich einen Versuch wagen wollte. Blockieren konnte ich ihn ja immer noch. Ich gab ihm meine Kontaktdaten und wenig später unterhielt ich mich mit Argus im Privatchat über das Vorgefallene.
Ich hatte wiederum ein gutes Gefühl, dass ich ihm soweit vertrauen konnte. Aus diesem Grund schrieb ich mir alles, was vorhin vorgefallen war, von der Seele. Schließlich lag es an ihm, was er mir glauben wollte und was nicht. Außerdem konnte ich den Kontakt ja jederzeit abbrechen und blockieren.
Ich stutzte zwar einen Moment als ich den Vornamen „Jens“ in seinem Profil las, aber dann tat ich es als einen Zufall ab.

Seine Fragen erinnerten mich dennoch irgendwie an den Therapeuten Mattens, aber das war vielleicht auch meine derzeit hochsensible Wahrnehmung, die mir da einen Streich spielen wollte.
Er schrieb: „Du kannst mich jederzeit anschreiben. Ich habe gerade irgendwo im Norden einen Ferienjob. Und deshalb bin ich meistens online.“ Aber ich antwortete ihm lachend: „Bleib du nur mal schön da, wo du bist, Argus. Ich melde mich schon, wenn wieder etwas ist. xD“ Ganz so nah wollte ich jetzt doch noch niemanden an mich heran lassen.

Wesentlich ruhiger, und erleichtert jemanden zu haben, dem ich einiges anvertrauen konnte, ging ich zurück zum Abendessen in die Klinik. Ich fühlte mich sogar wieder so gut, dass ich gleich den vorgeschlagenen Ausflug für übernächsten Sonntag buchte:

  E i n e   g e f ü h r t e   W a n d e r u n g   d u r c h s   W a t t .
 
Ich war guter Dinge und unternehmungslustig genug, dass ich mir Bilder ausmalte, wie es im Watt wohl sein würde. Neugierig genug suchte ich mir ein paar Beiträge aus dem Internet, damit ich nicht ganz unvorbereitet hin ging.

*****

Doch zuvor hatte ich einen weiteren Massagetermin. Etwas mulmig war mir schon zumute. Was würde Mattens wohl sagen? Meine Angst war jedoch unbegründet. Der junge Physiotherapeut war nicht da.

Nach meiner Massage, die eine Kollegin von ihm übernommen hatte, wollte ich dann doch neugierig wissen, weshalb er nicht hier war. 'Hatte es mit mir zu tun?' Vorsichtig fragte ich an: „Ich vermisse heute Herrn Mattens. Ist er... krank?“ „Nein, er musste nur überraschend ein paar Tage weg.“
'Wie dumm von mir. Und ich dachte schon, dass seine Abwesenheit mit mir zu tun gehabt hätte.' Ich ließ mir meine Gedanken nicht anmerken und meinte nur „Vielen Dank. Bis zum nächsten Mal.“
Damit verabschiedete ich mich etwas zerknirscht und ging zu meiner nächsten Anwendung, die sich im Sportbereich befand.

*****

Das Wochenende war ja nicht mehr weit, da konnte ich dann getrost ausspannen. Meine freie Zeit bis dahin verbrachte ich meistens im Freien. Ich beobachtete die geschäftigen Menschen um mich herum und verglich sie mit den lärmenden und durch die Luft gleitenden Möwen.
Eine heimliche Sehnsucht packte mich, während ich dem unbeschwerten Flug der Vögel zusah. Und das Kribbeln auf meinem Rücken wurde dabei auch wieder stärker als sonst. Aber trotzdem blieb es wiederum nur beim Kribbeln. Ich empfand es dieses Mal eher als angenehm, und kein bisschen lästig, unheimlich oder gar beängstigend.

Den Rest meiner freien Zeit verbrachte ich immer öfter mit Argus gemeinsam im Internet. Je mehr Zeit ich uns widmete, desto vertrauter erschien er mir. Er stellte mir noch ein paar seiner Freunde vor, da er meinte: „...es könnte ja sein, dass ich nicht immer hier bin, wenn Du mich brauchst.“
So lernte ich „Phönix“ und „Eagle“ näher kennen. Einer der drei schien immer präsent zu sein, und meist schalteten wir die anderen dann zu einem meist fröhlichen und ausgelassenen Gruppenchat dazu.

Ich lernte von ihnen mehr, als ich in der kurzen Zeit je hätte lesen können. Außerdem erkannte ich, dass ich Mattens ziemlich unrecht getan hatte. Je öfter ich mir die Situation noch einmal durch den Kopf gehen ließ, desto klarer wurde mir, dass das Telefonat objektiv betrachtet ganz unverfänglich geklungen hatte.
Er hätte genauso über eine seltene Fischart oder sonst etwas anderes sprechen können. Wenn ich ihn doch wenigstens irgendwie erreichen könnte, um mich zu entschuldigen. Das schlechte Gewissen nagte bei diesem Gedanken ständig an mir.

Ich erzählte den dreien vom geplanten Ausflug ins Watt. Aber wo genau an der Nordsee ich mich aufhielt, das traute ich mich immer noch nicht zu sagen. Sie wünschten mir jedenfalls viel Spaß dabei und meinten halb lachend: „Sei aber schön vorsichtig^^ sonst bleibst du noch mitten im Watt stecken^^ ... und die Wattwürmer holen dich xD“ Das versprach ich gern und lachte mit.

*****

Zuvor verging jedoch wieder eine Woche, in der ich mich zusehends erholen konnte. Die Auszeit und die Reha taten mir gut. Auch die Ortsveränderung und die frische Meeresbrise ließen mich neue Kraft tanken. Doch am meisten genoss ich das Schreiben im Chat mit den drei netten Jungs. Dass es Jungs waren, darin war ich mir sicher.
Es war die Art, wie sie miteinander umgingen und wie sie die meisten Dinge sahen. Außerdem stand bei allen dreien ein Vorname im Profil: Argus war Jens, Phönix hieß Kevin und Mark nannte sich Eagle.

Dass ich Steffi hieß, konnten die drei ebenfalls in meinem Profil lesen. Aber mit meinem selbstgewählten Namen Albino konnten sie sich nicht so recht anfreunden. „Als Dein Pseudonym muss Dir noch ein anderer Name einfallen. Der Name Albino mag ja für den Anfang vielleicht gepasst haben, aber lass Dir ja nicht einreden, dass du abartig oder gar ein Freak wärst, Steffi! Solange Dir kein anderer Name einfällt, nennen wir Dich einfach Steffi. Ist das für Dich in Ordnung?“
Ich konnte schlecht etwas dagegen sagen. Die drei wären im Stande gewesen mich „Hey, Du da!“ oder gar „Kleine!“ zu rufen, oder würden vielleicht noch schlimmere Namen erfinden. Deshalb lenkte ich entmutigt ein: „Klar, so heiße ich schließlich auch. Wie könnte ich etwas gegen meinen eigenen Namen haben?“ lachte ich herausfordernd. Worauf die drei fast zeitgleich in den Chat schrieben: „Touché!“

*****
24  Atelier der Bewohner / Geschichten und mehr / Re: Einer neuen Zukunft entgegen (1) - Nordsee (als Buch) am: 25.Mai.2018, 00:46:55
Kapitel 3 – Eine Massage wirkt Wunder...

Ein paar Tage später hatte ich meine erste Massage, wie in meinem Therapieplan stand. Bisher lief mein Behandlungsplan normal und ruhig ab. Die eine und andere Anwendung hatte ich ebenfalls schon hinter mir.

Ich war neugierig und gespannt, was passieren würde. Jeder Masseur hatte schließlich seinen eigenen Stil. Aber zunächst einmal wurde ich unter ein rotes Wärmelicht gelegt, um meine Muskeln zu lockern.
Ganz entspannt ließ ich mich mit meinen Gedanken von der Wärme treiben und genoss dieses angenehme, warme Gefühl auf meiner nackten Haut. Nach einiger Zeit – ich musste wohl eingenickt sein – kam der Masseur, Jens Mattens, dazu und drehte den Apparat mit dem Wärmelicht an seinen Platz zurück.

Er schien seine Arbeit gern zu machen. Ich spürte bei ihm eine erfrischende Lebensfreude und Zufriedenheit mit seiner Tätigkeit.
Ein Großteil der alleinstehenden Frauen in der Klinik schwärmten für den sportlichen, unverheirateten Masseur. Dies hörte man zumindest abends, wenn die Patientinnen noch bei einem Schlummertrunk zusammen saßen.

Jens Mattens hatte nicht nur Charme und Witz, er sah zudem auch noch verboten gut und sportlich aus, und er war Solo, soviel gemunkelt wurde. Sein Einfühlungsvermögen war von ganz außergewöhnlicher Art. Wenn er massierte, konnte man den Eindruck gewinnen, dass er nicht nur den Körper, sondern auch die Seele mit massierte.

Auch ich schwärmte heimlich für ihn, seit ich ihn bei einer Gemeinschaftsveranstaltung gesehen und persönlich erlebt hatte. Er hatte irgendetwas besonderes an sich, das mich wie magisch anzog.
Allerdings würde ich meine Schwärmerei niemals öffentlich zugeben, weil ich das sehr albern fand. Außerdem würden sich unsere Wege vermutlich schnell wieder trennen, sowie ich meine Reha beendet und die Klinik verlassen hatte.

*****

Der Physiotherapeut begann mir mit einem wohlriechenden, anregenden Massageöl professionell und umsichtig über den Rücken zu streichen. Zuerst massierte er die eine Seite, und dann auch ausgleichend meine andere Seite. Er schien genau zu spüren, wo er harte Verspannungen lösen musste oder einfach nur den Stress weg zu kneten brauchte.

Als er von oben über meine Schultern, den Nacken und meinen Rücken entlang massierte, spürte ich eine beginnende Veränderung in meiner Muskulatur.
Es war ein sehr angenehmes Gefühl und gleichzeitig auch etwas seltsam Vertrautes. Ich fühlte etwas wie Schuppen und wie Flügelansätze, die unter der Massage ganz weich und flexibel wurden. In diesem Moment dachte ich nicht weiter darüber nach, sondern genoss dieses lang vermisste Gefühl nur.

Da ich von Mattens keinen erstaunten Ausruf, oder gar Aufschrei hörte, ging ich davon aus, dass ich mir diese Gefühle in meiner Fantasie nur einbildete, und man aber äußerlich nichts erkennen konnte.
Ich ließ mich von meinen neuen Sinneseindrücken leiten und vertiefte mich in diesen außergewöhnlichen und irgendwie auch seltsam innigen Genuss.

Gerade hatte ich mir ausgiebig vorgestellt, wie Mattens wohl reagieren würde, wenn er plötzlich tatsächlich meine Flügelansätze massieren würde, als ich in dem Moment sein erstauntes Aufatmen bemerkte. Ich spürte die starke Veränderung auf meinem Rücken, genauer zwischen meinen Schulterblättern nun ebenfalls sehr intensiv und real. „Wie kommt das?! - Was passiert da gerade?! - Wie kann das sein?! - Das gibt’s doch gar nicht!“ hörte ich einen etwas ratlosen, jungen Physiotherapeuten fassungslos vor sich hin murmeln.

Ich richtete mich etwas auf und griff mit einer Hand bekümmert nach hinten. 'Tatsächlich, wie in meinem Traum!' Die Ansätze von Flügeln waren deutlich zu fühlen. 'Meinen Flügeln!'
Plötzlich wollte ich nur noch aufwachen! Es musste einfach ein Traum sein! Dieser Alptraum konnte unmöglich real sein! So etwas Verrücktes durfte einfach nicht Real passieren! Aber ich wachte nicht auf! Ich war bereits hellwach!

Mit dieser Konfrontation ebenfalls total überfordert, brach ich zunächst in Panik und dann in Tränen aus. Mir lief es gleichzeitig heiß und kalt den Rücken hinunter.
Ich hatte Angst und verspürte im gleichen Atemzug wilde Panik. So konnte ich mich doch unmöglich noch irgendwo sehen lassen. 'Ich bin ein Freak! Hilfe! Wie konnte das passieren?' Ich hoffte immer noch, dass ich gleich aus meinem Alptraum aufwachte. Dann würde ich darüber vielleicht sogar schmunzeln können.
Aber nichts dergleichen geschah! Ich war hellwach! Und dies war nun Teil meiner Realität! Eine neue Realität, mit der ich noch in keiner Weise zurecht kommen wollte. 'Warum musste so etwas ausgerechnet mir passieren? Hatte ich nicht schon genug andere Probleme?!'

Der junge Therapeut fasste sich als erster wieder und schlang mir geistesgegenwärtig ein Laken um die Schultern, so als wären die Flügel aus Papier oder gar nicht vorhanden. Dann meinte er: „Frau Reimor, kommen Sie bitte mit mir mit. Sie können mir vertrauen! Hier im fast offenen Bereich können wir leider unmöglich bleiben!“
Da ich eh keine andere Wahl hatte, ohne noch mehr Aufsehen zu erregen, ging ich brav mit ihm mit zu einer Einzelkabine. Meine Kleider und Schuhe hatte ich automatisch aufgehoben und unter meinen Arm geklemmt.

Der Masseur verließ mich mit den Worten: „Bitte warten Sie hier, Frau Reimor. Ich komme sofort zurück.“ '... ob er wirklich wieder kommen würde?' Ich setzte mich etwas verloren auf den Wannenrand des Bades, in das er mich gebracht hatte. Ich war unschlüssig, was ich jetzt tun sollte. Ich konnte noch keinen klaren Gedanken fassen. Die Panik und die Angst hatten mich noch immer fest im Griff.
Doch schon ein paar Augenblicke später kam er zurück. Er ließ warmes Wasser sowie einen entspannenden Duft in die Wanne und meinte fürsorglich: „Setzen Sie sich erst einmal hier hinein, und versuchen Sie sich zu entspannen. Ich habe dafür gesorgt, dass Sie hier für die nächste Stunde ungestört sind. Leider habe ich auch noch andere Patienten. Ich würde mich allerdings später gerne noch mit Ihnen unterhalten, Frau Reimor. Laufen Sie mir bitte nicht weg!“

Obwohl ich für den Masseur, Jens Mattens, zwar schwärmte, ihn aber kaum kannte, so hatte ich dennoch kein schlechtes Gefühl bei ihm. Was ich allerdings ein paar Minuten später hörte, als ich bereits im wohltuenden, warmen Badewasser lag, ließ mich wieder hellhörig werden. Ich hörte Mattens mit jemandem telefonieren.
Eigentlich war das völlig unmöglich, da die Tür zum Bad geschlossen war, und trotzdem... Ich hörte jedes seiner Worte, von seinem Gesprächspartner jedoch gar nichts. „Ihr müsst unbedingt sofort herkommen ... eine Sensation! ... Das würdest du mir niemals glauben ... Nicht am Telefon! ... Vertrau mir! ... es gibt sie wirklich. ...“

Hastig setzte ich mich in der Wanne auf und verarbeitete erst einmal diesen weiteren Schrecken und diese Enttäuschung. Erneute Panik stieg wie ein schleichendes Gift in mir auf. 'Ich hatte mich auf ihn verlassen! Er hatte so einen offenen Charakter gezeigt. Und er hatte doch auch versprochen, dass alles, was in diesem Raum passiert war, auch dort bleiben würde!' Ich bemerkte kaum, wie mir vor Enttäuschung und Mutlosigkeit die Tränen über meine Wangen liefen.
Ich hatte genug gehört! Ich wollte nur noch möglichst schnell und weit weg. So unsagbar enttäuscht war ich von ihm! Aber auch von mir selbst! Wie hatte ich nur so jemandem schon wieder einmal vertrauen können!
Meine Brust schmerzte bei dem Gedanken heftig. Ich war verwirrt, enttäuscht und traurig, aber auch wütend und fast schon entsetzt. Und ein beunruhigendes Kopfkino spielte sich vor meinem inneren Auge ab.
Ich sah mich bereits als Freak und Medienereignis hinter Gittern oder angeleint sitzend und wurde sensationsgierig in aller Welt herumgezeigt.

Rasch stieg ich aus dem Wasser. Ich zog mich hastig an und verließ leise und unbemerkt das Bad durch einen Nebenausgang. Ich wollte so schnell wie möglich weg von hier. In meiner panischen Verzweiflung bemerkte ich nicht einmal, dass mir alles wieder ganz normal passte.
Ich war blind vor Panik und achtete nicht darauf, wohin ich lief. Ganz automatisch hatten mich meine Schritte jedoch über unzählige Gänge und Stockwerke zurück auf mein beschützendes Zimmer geführt. Bis ich allerdings in meinem Zimmer war, hatte ich so viele wilde Spekulationen durchlebt, dass ich automatisch die Tür hinter mir zudrückte. Mechanisch drehte ich den Schlüssel solange, bis er nicht mehr nachgab.
Erst als ich hinter mir zweimal abgeschlossen hatte, erlaubte ich mir tief durchzuatmen. Nun ließ ich mich, noch im Eingangsbereich meines Zimmers, entkräftet auf den Boden gleiten, um hemmungslos zu weinen.
Mit der Ruhe kam auch die Ernüchterung und die Tatsache, dass ich an meinen Schulterblättern nichts auffälliges mehr spürte, obwohl ich mit dem Rücken gegen die Wand an der Tür lehnte.

Das Telefon in meinem Zimmer klingelte plötzlich schrill und schreckte mich aus meinen Gedanken. Ich ließ es läuten, denn eigentlich konnte niemand wissen, dass ich hier war. „Nein, das ist so nicht richtig,“ korrigierte ich mich laut. Und schon wieder durchfuhr ein stechender Schmerz meine Brust. „Jens Mattens! Er ist der einzige, der mich hier eventuell suchen würde.“
Sollte ich ran gehen? Mein Verstand schrie: NEIN! Doch mein Herz reagierte, indem ich mich unbewusst an der Wand hochzog. Wie mechanisch schritt ich zum Telefon am anderen Ende des Zimmers. Ich nahm automatisch den Hörer ab und meldete mich mit rauer Stimme: „Ja, bitte?“
Diese Stimme am anderen Ende hätte ich unter Tausenden heraus gehört und wieder erkannt. Jens Mattens meldete sich besorgt ohne seinen Namen extra zu nennen: „Frau Reimor? Steffi... ist alles in Ordnung? Ich muss dringend...“
Es tat so weh verraten worden zu sein. Mein Verstand gewann wieder die Oberhand, und ich legte deprimiert auf, noch bevor er seinen Satz beenden konnte.

Nun doch etwas neugierig und gleichzeitig in großer Unruhe, ging ich zur Garderobe in meinem Zimmer, wo ein großer Spiegel angebracht war. Ich drehte mich mehrmals besorgt und noch ziemlich angespannt hin und her. Mein Spiegelbild sollte mir bestätigen, dass sich in meinem Rücken nichts befand.
Tatsächlich, nichts! Es war rein gar nichts mehr zu sehen! Hatte ich mir etwa alles nur eingebildet? Meine Gedanken überschlugen sich förmlich. 'War überhaupt nichts davon geschehen? Spielten mir meine Nerven nach all der Zeit einen üblen Streich? Oder war ich jetzt etwa wirklich verrückt geworden? Was sollte ich tun? Wie sollte ich mich verhalten?'
Was würde Mattens sagen, wenn ich ihm das nächste Mal begegnete? Ich wollte am Liebsten sofort im Boden versinken. Andererseits hatte er gerade bei mir angerufen. Also musste doch etwas vorgefallen sein. Ob er tatsächlich nur besorgt gewesen war?
Ernüchterung machte sich langsam in mir breit. Vorerst beschloss ich, mich weiterhin möglichst normal zu verhalten. Das mit dem Masseur würde sich dann schon irgendwie ergeben, so hoffte ich inständig.

Meine eigene Konditionierung, keine Gefühle nach außen zu zeigen, drang schlagartig durch und erlaubte mir wieder rational zu denken. Bis zum Abend hatte ich noch etwas Zeit, die ich sinnvoll nutzen wollte.
Meine restlichen Termine für heute ließ ich deshalb bei meiner Therapeutin und Reha-Betreuerin wegen Unpässlichkeit streichen. Ich versprach ihr dafür, dass ich eine Weile an die frische Luft gehen würde.

*****
25  Atelier der Bewohner / Geschichten und mehr / Re: Einer neuen Zukunft entgegen (1) - Nordsee (als Buch) am: 23.Mai.2018, 22:23:01
Kapitel 2 – Es war zum Verrückt werden!

Um mehr zu erfahren, hatte ich mich zunächst auf einigen Seiten mit dem Alias „Albino“ angemeldet. Das erschien mir logisch, ich kam mir schließlich ebenso andersartig und abnormal vor.
In einigen dieser Drachenforen und Internetforen für andersartige Wesen, den Otherkins, wurde ich dennoch freundlich, teils sogar herzlich begrüßt. Manche begegneten mir mit Neugier, andere allerdings auch mit einem gesunden Maß an Misstrauen.

Ein paar meiner Fragen konnten dort von den Bewohnern, wie sich manche nannten, beantwortet werden. Doch gleichzeitig warfen diese Antworten dafür viele neue, größere Fragen bei mir auf. Vereinzelt wurde mir sofort Kontakt angeboten. Aber alles ging so rasant schnell. Viel zu schnell für mich.
Ich zog mich noch verwirrter als zuvor wieder zurück. Ich wollte niemand anderer sein! Ich wollte auch nichts anderes sein! Ich war bisher eigentlich immer ziemlich zufrieden mit mir gewesen.

Ich brauchte dringend Abstand. Abstand vom Unfalltod meiner Familie, Abstand vom Beruf, aber vor allem Abstand von meinen wirren Gedanken, die mir beim besten Willen nicht mehr aus dem Kopf gehen wollten.
Ich sollte wirklich alles einmal setzen lassen! Es war zum Verrückt werden und aus der Haut fahren!

*****

Jetzt, nachdem ich eine ganze Prozedur an Terminen, Untersuchungen und Formularen für die Krankenkasse hinter mir hatte, war ich also hier in der Reha angekommen und sollte wieder zu mir selber finden, wie der Arzt gemeint hatte. Wie sehr er mit diesem Satz unbewusst Recht haben sollte, begriff ich allerdings erst sehr viel später.

Mein Spiegelbild blickte mich immer noch starr an. Ich war müde, gestresst und abgekämpft, auch wegen meiner noch nicht zu kontrollierenden Empathie. Aber ich musste gleich noch einmal zu den anderen Patienten, zur Begrüßungsrunde und zur Hausbesichtigung. Ich ermutigte mich selber: „Steffi Reimor, das bisschen schaffst du nun auch noch! Du bist schon so weit gekommen! Jetzt nur nicht schlapp machen!“

Die Gefühle, die mir kurz darauf, bei der Begrüßung, empathisch entgegen schlugen, waren ganz unterschiedlicher Art und hatten zum Glück nichts mit mir zu tun. Erst als es mir gelungen war, meinen mentalen Schutz davor zu errichten, ging es mir wieder besser. Ich hatte hierfür eine undurchdringliche Maske aufgesetzt, bei der ich mir meine Gefühlsregungen nicht anmerken ließ.
Das war auch so etwas seltsames. Neuerdings konnte ich die Gefühle anderer aufnehmen... leider konnte ich es jedoch noch nicht wirklich kontrollieren. Am Ende des Abends war ich froh, endlich in ein – wenn auch hartes – Bett zu sinken und schlafen zu dürfen.

*****

Der gleichmäßige und routinierte Klinikalltag hatte mich bereits nach wenigen Tagen fest im Griff.
Geregeltes Aufstehen und regelmäßige Mahlzeiten gaben den Tagesablauf vor. Da hinein gebettet lagen die zu Beginn vereinbarten Therapiestunden: Einzelgespräche, Gruppentherapien, Basteln, Musizieren, aber auch sportliche Betätigungen wie Schwimmen, Nordic Walking, Spazieren gehen und Gymnastik.
Langeweile kam so gut wie keine auf. Und dennoch blieb jedem genügend Freizeit, um abschalten zu können, oder zu sich selber zu kommen. Ich genoss diese Zeit für mich allein, die ich manches mal mit Spazierengehen am Strand verbrachte.

Nur gut, dass ich nicht ganz allein war. Jemand hatte mir angeraten, für alle Fälle mein Notebook mitzunehmen. „Es könnte gut sein, dass Du Hilfe brauchst, die Dir niemand in der Klinik bieten kann. Dann scheue Dich bitte nicht, uns auch zu fragen.“
Schöne Worte, nur wen sollte ich fragen und wem vertrauen? Die Leute in den Foren waren mir alle noch fremd. Ich beschloss, diese Frage zurück zu stellen und später zu klären. Vielleicht renkte sich auch so alles wieder ein...

*****

(Fortsetzung folgt)
26  Atelier der Bewohner / Geschichten und mehr / Re: Einer neuen Zukunft entgegen (1) - Nordsee (als Buch) am: 23.Mai.2018, 22:16:13
Kapitel 1 – In der Klinik angekommen

Am Spätnachmittag war ich mit einem Shuttlebus in der Klinik angekommen. Am Bahnhof hatte man bereits auf uns Patienten gewartet.
Ohne Zeit zu verlieren hieß es sofort, dass ich zur ersten Untersuchung kommen musste. Ein wenig überrascht war ich nun doch, dass man mir nicht einmal die Zeit zugestehen wollte, zuerst meinen Koffer auf meinem Zimmer auszupacken, damit ich etwas bequemeres anziehen konnte.

Selber kam ich in diesem Augenblick nicht auf die Idee zu sagen, dass man mir bitte etwas mehr Zeit und Freiraum lassen sollte. Dafür ging ich nach meiner Voruntersuchung beim Arzt gleich als erstes auf mein Zimmer zurück und erlaubte mir zunächst einmal selber durchzuatmen. Die ganze Anspannung des Tages fiel nun nach und nach langsam von mir ab.
Der Doktor hatte mich durchdringend gemustert. Und nach ein paar gezielten Fragen zum Unfall meiner Familie und zu meinem eigenen Wohlbefinden hatte er beschlossen, dass ich zur Zeit nicht akut suizidgefährdet wäre. Aber einen Vermerk diesbezüglich machte er dennoch in meiner Akte.

Während ich schließlich noch meine Utensilien im Badezimmer auspackte, sah ich zum ersten Mal seit Stunden wieder bewusst in einen Spiegel. Für einen Moment hielt ich inne und betrachtete mein Spiegelbild eingehend. Nein, da gab es wirklich keine besonderen Auffälligkeiten.
Obwohl ich unterwegs immer wieder den Eindruck gehabt hatte, dass mich alles aufdringlich und neugierig angestarrt hatte... ich sah aus wie immer... naja, vielleicht etwas abgekämpfter und blasser als sonst.
Mir schaute eine brünette, jugendlich wirkende Frau aus dem Spiegel entgegen. Zwar etwas müde und erschöpft, aber sonst ein Gesicht wie Millionen andere.

*****

Dabei hatte ich erst vor einigen Wochen dieses seltsame Erlebnis geträumt, das mich seit jenem Augenblick stark beschäftigt hatte und nicht mehr los ließ. Der Traum war so real gewesen. Es hatte sich angefühlt, als wäre ich wirklich direkt dabei gewesen.
Das Gefühl war sogar so extrem, dass es mich auch tagsüber nicht mehr in Ruhe gelassen hatte. Meine Familie konnte und wollte ich damit nicht bedrängen. Sie schmiedeten zu dem Zeitpunkt bereits Pläne, was sie alles am Urlaubsort unternehmen wollten.
Zuerst dachte ich deshalb noch über einen Arztbesuch nach, verwarf den Gedanken jedoch sofort wieder. Wenn ich ehrlich darüber nachdachte, hielt ich mich sogar selber in diesen Momenten für verrückt. Was sollte dann erst ein bodenständiger Mediziner anderes darüber sagen oder denken?

Ich hatte das beherrschende Gefühl gehabt nicht bei klarem Verstand zu sein. Ich meinte plötzlich, dass mir meine eigene Haut zu eng wäre. Ich fühlte mich in diesen Momenten um ein vielfaches Größer als ich es tatsächlich war.
Es begann damit, dass es auf meinem Rücken zwischen meinen Schulterblättern heftig zu jucken angefangen hatte. Auch sah ich „wie aus großer Höhe“ auf alles hinunter – es fiel mir manchmal sogar schwer zu laufen oder Treppen zu steigen. So als würde ich meine Füße ständig verwechseln.
Ich hielt das alles jedoch weiterhin für Sinnestäuschungen und Tagträume. Ich sollte nicht so viel Verrücktes lesen oder fern sehen. Deshalb versuchte ich all diese seltsamen Dinge hartnäckig zu verdrängen.

Doch leider war es wie verhext. Je mehr ich es vergessen wollte, desto intensiver waren meine Träume. Ich brauchte wohl tatsächlich ganz dringend eine Auszeit!

Meine seltsamen Träume hatten selbst nach dem tragischen Unfall meiner Familie nicht aufgehört. Es schien als sollten sie mich an irgendetwas erinnern. Aber, sowie ich über diese eigenartigen Träume nachdachte, waren sie wie weggezaubert. Ich konnte mich dabei nur an ein Gefühl von Freiheit und Fliegen erinnern.
Ein anderes Mal waren es Träume, die mir seltsam real erschienen, aber mit der eigentlichen Realität nichts zu tun hatten. Drachen im Familienverbund, und einer war für den anderen da.
Weil ich so gar nichts damit anfangen konnte, schaltete ich mein Notebook ein und forschte im Internet danach.

Nach langen Überlegungen, unzähligen Beiträgen in verschiedenen Internetforen und vielen, zum Teil, schlaflosen Nächten ging ich, beunruhigt von meinen wiederkehrenden fantastischen Träumen, schließlich doch zu einem Arzt. Dieser sah mich zunächst ungläubig an. Anschließend fragte er dann ganz logisch, wann meine letzte Auszeit gewesen sei.
Natürlich war mein letzter richtiger Urlaub schon geraume Zeit her, eigentlich sogar über fünf Jahre. Aus diesem Grund erschien die Diagnose für den Doktor recht einfach. Ich war völlig gestresst und überarbeitet, quasi kurz vorm Ausbrennen. Und dazu kam jetzt noch das schreckliche Unglück mit meiner Familie.

Zusätzlich zum Besuch beim Arzt hatte ich das elektronische weltweite Netz noch einmal genauer durchstöbert, nach allem, was mit meinen Symptomen und dem Gefühl, ein Drache zu sein, zusammen hängen könnte.
Ich war auf seriös erscheinenden Seiten, aber auch auf mysteriösen oder gar dubiosen Seiten gelandet. Auf einigen Seiten las ich sogar über Menschen, die meinten, nicht im richtigen Körper zu stecken.

Je mehr ich über dieses Thema las, desto weniger begriff ich meine eigene Situation. 'Was hatte das alles mit mir zu tun? Warum hatte ich diese Träume, und woher kamen sie? Oder bildete ich mir dies alles nur ein?!'

*****
27  Atelier der Bewohner / Geschichten und mehr / Einer neuen Zukunft entgegen (1) - Nordsee (als Buch) am: 23.Mai.2018, 21:58:47
Hallo,  Grin
mancher von euch wird sich jetzt sicherlich denken "was soll das denn. Die Geschichte gibt es doch schon?!"
Recht habt ihr! Allerdings habe ich die Geschichte in den letzten Jahren überarbeitet und ergänzt. Manch einer (auf Wattpad) meinte, sie sei zu kurz, da würde so manches noch fehlen.
Hier also nun eine Geschichte, die sich fast Buch nennen könnte - also bei mir hatte sie nur 41 Seiten; ab 42 Seiten darf sich eine Geschichte auch "Buch" nennen.  Cool
Inzwischen war ich auch selber wieder in einer Reha, wo ein dritter Teil mit Jens und Steffi entstanden ist. Allerdings fehlt mir für diesen immer noch ein passabler Schluss. Doch zuerst gibt es nun die Nordseegeschichte in neuem Gewand. Viel Vergnügen beim Lesen.  Smiley

Einer neuen Zukunkt entgegen (1) - Nordsee

(c) Copyright Auruliyuth
Prolog

Der Hausarzt hatte gemeint, ein paar Wochen in einer Reha würden mir gut tun nach all der Trauer und dem Schmerz, den ich zur Zeit zu Hause durchlebt hatte. Zu alldem war bereits vorher schon der Stress mit dem gewaltigen Arbeitspensum im Büro und die Sorge um den Arbeitsplatz und die Standortfrage noch dazu gekommen.
Also hatte ich den medizinischen Rat meines Arztes befolgt, die Koffer gepackt und war hierher an die Nordsee in eine Reha-Klinik zur Therapie und Erholung gefahren.

Um nicht zu viel Hektik während der Fahrt ausgesetzt zu sein, hatte ich, wie fast alle hier, öffentliche Verkehrsmittel gewählt und meinen großen Koffer mit der Bahn voraus geschickt. Obwohl mir die vielen Menschen in den vollen Abteils und der Zeitdruck mit der Bahn beim Umsteigen zu wider waren, hatte ich doch bis zur Ankunft in der Klinik tapfer durchgehalten.

Meine Gedanken verweilten während der Fahrt immer wieder bei meiner Familie und dem unvermeidlichen, tragischen Flugzeugunglück. 'Warum hatte es mich nicht auch erwischen können? Wenn ich es doch nur hätte verhindern können!'
Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass ein Blitz in das Cockpit schlug und ein Flugzeug zum Absturz brachte? Es hieß doch, dass Fliegen die sicherste Art zu Reisen war – statistisch gesehen.

Ich hatte nicht einmal jemanden, auf den ich wütend sein konnte. höchstens auf mich selber. Meine Eltern und meine zwei jüngeren Geschwister waren jetzt tot. Und nur, weil ich nicht sofort Urlaub bekommen hatte, und somit nicht gleich mitfliegen konnte, hatte ich als einzige überlebt.
Eigentlich hätte ich ein paar Tage später nachfliegen sollen, und wir hätten uns im Urlaubshotel alle wieder getroffen. Stattdessen war ich nun ganz allein und auf mich gestellt. 'Was für einen Sinn hatte es überhaupt noch zu leben?!'

*****

28  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: Hallo an alle in der DW am: 23.Mai.2018, 10:05:58
Hallo und willkommen:)

Ich hoffe, du hast dich inzwischen gut eingelebt. ^^

Liebe Grüße
Auru
29  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: "Es ist, was so ist was so ist am: 23.Mai.2018, 09:58:20
Hallo und willkommen in der DW Smiley

Fühle dich wohl und lebe dich ein.

Liebe Grüße,
Auru
30  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: Seid gegruesst am: 23.Mai.2018, 09:47:31
Hallo und willkommen hier in der DW. Smiley
Fühl dich wohl und leb dich ein.

@Ari, hast du treffend formuliert. ^^‘
31  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: Hallo :3 am: 23.Mai.2018, 09:36:45
Hallo und auch von mir ein (etwas verspätetes) willkommen zurück ^^
32  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: An alle ein Hallo! am: 01.August.2017, 14:36:46
Glückwunsch  Grin

Aber wie sagte mal jemand:
Nicht alt, nur ein großer Wissenshintergrund  Smiley
33  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: Hallo an alle! am: 25.Mai.2017, 10:10:39
Hallo und willkommen in der DW Smiley
34  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: 'Klopf, klopf' Wolkenläufer ist mein Name am: 09.April.2017, 17:38:26
Hallo und willkommen in der DW. Smiley

35  Schwarzes Brett / Ankündigungen / Re: Ostereiersuche 2017 am: 09.April.2017, 17:13:07
Ich finde, dass es schade wäre, wenn die Suche ausfallen würde.
Schließlich hat sie schon fast Tradition Smiley

Ich bin da. Ich suche mit. Smiley
36  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: Der Monddrache sagt "Hallo" am: 30.November.2016, 04:42:48
Hallo und willkommen in der DW Smiley
37  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: Moin zusammen! am: 30.November.2016, 04:38:42
Hallo und willkommen in der DW Smiley
38  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: Grüße am: 07.September.2016, 18:01:20
Wir sagen herzlich willkommen und begrüßen ihn ebenso in der DW Smiley

Wir sind interessiert, ob er noch antworten wird.
Oder ob dies sein einziges Lebenszeichen bleiben wird. 

In abwartender Freundlichkeit.

Auruliyuth
39  Taverne / Technik / Re: Pokemon Go am: 12.August.2016, 12:52:46
Ein Pokéstop tippst du an und streichst über die Scheibe, wenn das Bild da ist und du in Reichweite bist.
Um mehr Pokémon zu fangen, kannst du ein Lockmodul in die Pokéstops setzen und/oder den Rauch im Inventar anschalten
Beim spazieren gehen empfiehlt es sich ein Ei auszubrüten^^
40  Vor den Toren / Begrüßung und Abschied / Re: *Sich mal vorstellt* am: 20.Juli.2016, 13:24:07
Hallo und herzlich willkommen Smiley

Grüße aktuell von der Drachencon,
Auru
Seiten: 1 [2] 3 4 ... 62
Powered by MySQL Powered by PHP Powered by SMF 1.1.20 | SMF © 2006, Simple Machines Prüfe XHTML 1.0 Prüfe CSS